Griechische Kletter- und Boulderparadiese
November - in unseren Breiten bilden sich immer mehr zähe Nebelbänke aus, die die schwächliche Sonne erst gegen Mittag hervorbrechen lassen und die Temperaturen bewegen sich nur noch wenige Grade über dem Gefrierpunkt. Spätestens jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, sich über die Flucht in wärmere Kletter- und Bouldergefielde Gedanken zu machen. Die Weihnachtsferien, obwohl noch einige Tage entfernt, rücken auch unerbittlich näher, und wer über die Feiertage und Neujahr Zeit hat und diese griffeziehender Weise verbringen möchte, grübelt sicherlich bereits über mögliche Reiseziele nach.
Ein mittlerweile klassisches beliebtes Boulder-Winterziel ist zweifellos Cresciano im Tessin, leider ist die Beliebtheit derartig hoch, dass an schönen Dezember- und Januartagen nach 11 Uhr so gut wie kein Parkplatz mehr ergattert werden kann, und auch im Gebiet selbst ist man nicht mehr wirklich alleine, wie das vor einigen Jahren noch der Fall war. Wer dem dortigen Rummel über Weihnachten entfliehen möchte, dem stehen mittlerweile durchaus einige hervorragende Alternativen zur Wahl!
Im weitest süd-östlich gelegenen EU-Land hat sich in den letzten Jahren das Bouldern und Klettern stark entwickelt. Griechenland ist durchaus eine hervorragende Alternative, die kalten Wintermonate bei Sonne und angenehmen Temperaturen zu verbringen. Dies hat vor einigen Jahren auch schon Karsten Oelze, einer der emsigsten Erschließer aus dem Frankenland, erkannt, und bereits zahlreiche Kletter- und Boulderaufenthalte in Hellas verbracht. Seither hat er zahlreiche Bohrhaken in den vielen exzellenten griechischen Wänden versenkt und zusammen mit seinen deutschen und griechischen Freunden unzählige Blöcke von Moos und Flechten befreit, so dass das Bouldern auch hier seinen unbeirrbaren Einzug gehalten hat. Günstige Flugmöglichkeiten tun ihr übriges, dass Griechenland in der Beliebtheitsskala immer mehr zulegt. Einen Überblick über Griechische Bouldergebiete mit einigen Fotos, die Lust auf mehr machen, finden sich auf der Griechenland-Boulderseite.
Karsten hat seine Erschließertätigkeit zusammen mit Barabara Hertner in 2 Führerwerken dokumentiert.
Diese stellen die derzeit umfassendste Informationsquelle zum griechischen Klettern und Bouldern dar:
Bouldertopo "Olympic Blocs" Autor Karsten Oelze GEBRO Verlag, Dezember 2005 |
Kletterführer "Hellas" Autoren Karsten Oelze & Barbara Hertner tmms-Verlag, Winter 2003/04 |
Wer lieber auf einen Flug verzichtet, jedoch trotzdem auf der Suche nach sonnigen, warmen Winterzielen ist, der wird an der ligurischen Küste und im dahinterliegenden Bergland fündig. Unweit des allseits bekannten Kletterparadieses Finale Ligure gibt es einige Bouldergebiete von absolutem Weltklasseformat, die bei Insidern in Italien selbst schon lange kein Geheimtipp mehr sind. Außerhalb des kleinen Kreises eingeschworener einheimischer Boulderer sind sie jedoch noch wenig bekannt, so dass man hier mit Sicherheit noch das eine oder andere ruhige Plätzchen vorfinden wird.
Für den späten Herbst oder frühen Winter sind Gebiete wie das Val Ellero oder Triora durchaus interessante Boulderspots, die auch ein gehöriges Potenzial in mehreren Sektoren aufweisen. Triora liegt jedoch in einem tief eingeschnittenen Bachbett und sieht daher bei niedrigem Sonnenstand den wärmenden Planet nur für kurze Zeit. Das Val Ellero, noch in der Region Piemont gelegen, ist bis in den späten Herbst hinein ein tolles Gebiet mit angenehmem vulkanischem Gestein und zahllosen Problemen auf engem Raum. Im Winter ist jedoch die Zufahrt ins Gebiet beschränkt und es kann duchaus ab und zu Schnee liegen. Man braucht jedoch auch in der wirklich kalten Jahreszeit nicht unbedingt ein hartgesottener, temperaturverachtender Boulderfreak zu sein, um in Italien schöne Bouldertage verbringen zu können. Stellvertretend seien im Folgenden 2 erstklassige Winterziele vorgestellt:
Italien-Wintertipp 1: Valdinferno
Das Gebiet Valdinferno liegt an einem südseitigen Hang in Laubwald, so dass hier im Winter hervorragende Boulderbedingungen vorherrschen. Von der Ligurischen Küste aus lohnt sich durchaus bereits ein Tagesausflug zum im Hinterland gelegenen Blockparadies, wobei einige hundert Probleme locker Potenzial für mehrere Tage Boulderspaß bieten. Unterkunftsmöglichkeit bietet ein Campingplatz im nahegelegenen Garessio. Das Gestein ist sehr rau mit vielen Quarzeinlagerungen, die Bouldermöglichkeiten mannigfaltig. Ein absolutes Muss im Gebiet ist die "Grotta de la Fate", eine mächtige Grotte mit zahlreichen Problemen in fast allen Schwierigkeitsgraden:
Valdinferno - Grotta de la Fate |
Grotta de la Fate - "Dal Profondo" |
Italien-Wintertipp 2: Varazze - DER Top Boulder Spot Italiens
Varazze liegt nur etwa 50 km von Finale Ligure entfernt direkt an der Ligurischen Küste. Wer sich in der Boulderszene auskennt, hat im Zusammenhang mit dem italienischen Boulder-Ass Christian Core sicherlich schon einmal von Varazze gelesen der gehört. Dies ist Chris' Hausgebiet, wo er zusammen mit seinen Boulderfreunden mittlerweile über 1000 Boulderprobleme in mehreren Hauptgebieten mit zahllosen Sektoren erschlossen hat. Einige dieser Sektoren sind zwar durch die Lage auf Privatgrund nur absoluten Insidern zugänglich, doch die wichtigsten sind in der Regel problemlos erreichbar und weisen bereits genügend Futter für viele, viele Tage intensivstem Bouldern auf.
Das Gestein ist nicht, wie man wegen der Nähe zu Finale vermuten würde, dessen löchriger Kalk, nein - die Blöcke bestehen aus allerfeinstem Granit! Und es handelt sich wahrlich um ein kleines granitenes Fontainebleau, das hier an den mit Wald bewachsenen ligurischen Hängen auf den motivierten Boulderfreund wartet. Die Probleme sind so abwechslungsreich, wie man es sich nur wünschen kann. Der feine Granit weist teilweise fast sandsteinähnliche Felsformationen auf und von henkligen Überhängen bis zu grifflosen Reibungsplatten ist alles geboten. Man muss jedoch ganz klar sagen, dass der Freund athletischer Boulder voll auf seine Kosten kommt. Die Schwierigkeitsverteilung ist hervorragend, von wirklich einfach bis in die obersten Fontainebleau-Grade ist alles zu haben.
Varazze - Steile Probleme finden sich zuhauf! |
Oft gehts auch richtig kleingriffig zur Sache.... |
Einen Campingplatz gibt es im nahegelegenen San Martino. Sollte man allerdings einen Boulderaufenthalt hier mit Klettern in Finale verbinden, kann man auch durchaus sein Hauptquartier dort beziehen und Tagesausflüge nach Varazze unternehmen, das sehr schnell über die Küstenautobahn zu erreichen ist.
Das einzige Problem hier ist eine etwas eingeschränkte Parksituation. Bitte achtet unbedingt darauf, keine Ausweichbuchten der schmalen Starßen zu verstellen! Es gibt überall ausreichend große Parkflächen, man muss nur zum Teil ein paar Schritte weiter gehen. Und sollte wirklich einmal ein Sektor sehr stark frequentiert sein, Ausweichmöglichkeiten mit mindestens genau so tollen Boulderproblemen in anderen Teilgebieten gibt es zur Genüge!
Wem die Blöcke bei Varazze nicht ausreichen, dem sei noch ein Abstecher in das etwas nördlich von Genua gelegene Gebiet Cravasco empfohlen. Und wem dies alles nicht genügt und wer darüber hinaus unbedingt an Sandstein bouldern möchte, der sollte noch eine gewisse Fahrtstrecke auf sich nehmen und das in den Apenninnen und in der Emilia Romagna gelegene Lagoni aufsuchen. Dieses allerdings ist nur etwas für die wärmere Jahreszeit, doch mehr dazu ein andermal....
Mehr Informationen und Bilder zu italienischen Bouldergebieten gibt es auf der Italien-Boulderseite. (Val Ellero und Valdinferno bei "Piemonte"; Triora, Varazze, Cravasco bei "Liguria")
Die in diesem Artikel vorgestellten Gebiete sind im Boulderführer "iBloc" für Norditalien beschrieben, der insgesamt 32 der besten Boulderspots Nord-Italiens beinhaltet:
Bouldertopo "iBloc" - Italia [N] Autoren Ulrich & Harald Röker GEBRO Verlag, April 2007 |
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